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Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - Druckversion

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Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - Markus - 08.06.2017

Beispiel Pharmalobby aus einem Vortrag von Mausfeld (https://www.youtube.com/watch?v=AU8hjfhAAxg ab 1:35):

Seehofers Staatssekretär übergibt 1995 die zu Konfetti geschredderte (!) Arzneimittelpositivliste dem Vorsitzenden des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie, Professor Dr. Hans Rüdiger Vogel, zu dessem 60. Geburtstag mit den Worten: "Wir hoffen, daß diese Darreichungsform der Liste des Instituts für Arzneimittel auch von Ihnen akzeptiert werden kann."

Der Herr und sein Vasall ...


RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - urmel57 - 08.06.2017

Für mehr als Konfetti war die Positivliste auch nicht geeignet - zum Glück.


RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - Markus - 08.06.2017

Wieso? War vor meiner Zeit...


RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - urmel57 - 08.06.2017

Naja, eine Positivliste, nach der nur noch die Arzneimittel auf GKV verordnet werden dürfen, die da drauf stehen, engt die Therapiefreiheit noch viel stärker ein als die Negativliste, die es bei uns gibt. Auch bei der Negativliste gibt es einige Fragwürdigkeiten.

Staatliche Regulierung ist nicht unbedingt der Garant für verbesserte medizinische Versorgung, sondern ein reines Instrument zur Kosteneinsparung für die Krankenkassen. Ein gesundes Mittelmaß ist allerdings immer schwer zu finden.


RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - Markus - 08.06.2017

Ich kenne die genauen Umstände nicht, aber dem Zitat zu Folge hat der Pharmaindustrie der Vorschlag wohl nicht geschmeckt. An Unterwürfigkeit ist das ja nicht mehr zu überbieten: "Wir hoffen, daß diese Darreichungsform der Liste des Instituts für Arzneimittel auch von Ihnen akzeptiert werden kann."

Spricht so jemand, der die Gewalt im Staate innehat?


RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - urmel57 - 08.06.2017

Seehofer war ein starker Verfechter der Positivliste und hat einiges damals durchgedrückt an dem wir heute noch knabbern. Gewaltig war Seehofer in dieser Funktion durchaus. Viele dieser Reformen gehen auch auf sein Konto, bzw. er hat diese gemeinsam mit Rudolf Dressler (SPD) vorangetrieben. Der Erfolg der Regulierung dagegen war sehr mäßig.

Zitat:1993 Gesundheitsstrukturgesetz, auch bekannt als „Lahnstein-Kompromiss“ zwischen Horst Seehofer (CSU) und Rudolf Dreßler (SPD) (u. a. freie Wahl der Krankenkasse ab 1997 für alle Versicherten, Einführung der Budgetierung, erhöhte Zuzahlungen für Medikamente, Zuzahlungen bei Zahnersatz und Heilmitteln sowie für die Krankenhausbehandlung erhöht. Die Beträge für Medikamente wurden nach Packungsgröße gestaffelt)

Zitat:Es bleibt eine gemischte Bilanz. Zwar wird der „Lahnstein-Kompromiss“ heute noch immer gern zitiert. Er steht für den politischen Willen, sachlich und effizient Reformen anzustreben, relativ unabhängig von parteipolitischen Sachzwängen und „Scheuklappen“, welche im politischen Alltag oftmals den Weg zum sinnvollen Kompromiss verbauen. Sein wirtschaftlicher Erfolg war jedoch zeitlich kurz befristet. Eine nachhaltige Senkung der Gesundheitsausgaben hat Lahnstein nicht erreicht.

http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=25233


RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - Donald - 09.06.2017

(08.06.2017, 21:17)Markus schrieb:  Ich kenne die genauen Umstände nicht, aber dem Zitat zu Folge hat der Pharmaindustrie der Vorschlag wohl nicht geschmeckt. An Unterwürfigkeit ist das ja nicht mehr zu überbieten: "Wir hoffen, daß diese Darreichungsform der Liste des Instituts für Arzneimittel auch von Ihnen akzeptiert werden kann."

Spricht so jemand, der die Gewalt im Staate innehat?
Warum nicht?
Warum sollte ein Politiker keinen Humor haben?

Und wie kommst du dazu "Unterwürfigkeit" zu unterstellen?


RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - Markus - 09.06.2017

(09.06.2017, 01:20)Donald schrieb:  Und wie kommst du dazu "Unterwürfigkeit" zu unterstellen?

Wie gesagt, die genauen Umstände sind mir nicht bekannt. Mausfeld meint an der Stelle, dass man sich eine "widerlichere Unterwürfigkeit" kaum vorstellen kann. Es scheint sich hier also seines Erachtens nicht um Humor zu handeln. An der Stelle habe ich Mausfelds Interpretation widergegeben, da ich keinen wirklichen Grund habe diese in Zweifel zu ziehen.

Vor einigen Jahren gab Seehofer in Frontal 21 ein Interview, worin er ganz klar bestätigt, dass die Positivliste auf Druck von Big Pharma nicht zustande gekommen ist (https://www.youtube.com/watch?v=7P73IVXGm9k):

Zitat:ZDF: Heißt das denn, dass die Lobby wirklich so stark war gegen die Politik und Sie quasi dann da zurückziehen mussten?
Seehofer: Ja. Das ist so - seit 30 Jahren, bis zu Stunde.



RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - urmel57 - 09.06.2017

Naja als unterwürfig würde ich das nicht bezeichnen, eher als sarkastisch, weil er sich geärgert hat, dass er mit seiner Positivliste nicht durch kam.

Aber wie gesagt, ich halte da auch nichts von diesen Gängeleien á la Budgetierung und Co. Ich kenne die Kompromissverhandlungen nicht, z.B. ob die Budgetierung da überhaupt in diesem Zusammenhang verhandelbar war.

Der Staat müsste eben auch mehr Geld in die Forschung stecken und das nicht der Pharmalobby überlassen.


RE: Pharmalobby: Der Herr und sein Vasall - Donald - 09.06.2017

Sarkasmus ist ja auch Humor.
Er hat sich halt geärgert, weil er was revidieren musste.
Warum genau und warum wirklich-weiß man nicht. Manchmal setzt eine Lobby ja auch ewas mit guten Argumenten durch.
Oder etwas hat einfach nicht den erhofften Effekt und bringt mehr Aufwand als Nutzen.

Und dieser Mausfeld ist eh suspekt. Was der behauptet, hat schonmal garnichts zu bedeuten.
Wenns stimmt, dann nur zufällig.