FSME - Zahlen, Daten, Fakten -
Markus - 10.03.2017
Der mediale Rummel um FSME erscheint mir verglichen mit den Fallzahlen (im Jahr 2015 ca. 100 gemeldete ZNS-Beteiligungen beim RKI) unverhältnismäßig. Vielleicht hat sich jemand schonmal etwas damit befasst und kann die ein oder andere Frage zufällig beantworten, was mir Zeit ersparen würde bei der Recherche.
1.) Wird bei den ans RKI gemeldeten Fällen auch der Impfstatus übermittelt?
2.) Wie wurde der Nachweis der Wirksamkeit der FSME-Impfung erbracht?
3.) Wie war das Outcome der 100 ZNS-Beteiligungen im Jahr 2015. Gab es Folgeschäden?
RE: FSME - Zahlen, Daten, Fakten -
Filenada - 13.03.2017
(10.03.2017, 11:59)Markus schrieb: Der mediale Rummel um FSME erscheint mir verglichen mit den Fallzahlen (im Jahr 2015 ca. 100 gemeldete ZNS-Beteiligungen beim RKI) unverhältnismäßig.
Es geht um Geld, um verdammt viiiiel Geld...
RE: FSME - Zahlen, Daten, Fakten -
Markus - 13.03.2017
Ich habe dem RKI die Fragen geschickt, mal schauen, was darauf kommt.
RE: FSME - Zahlen, Daten, Fakten -
urmel57 - 22.04.2017
Markus, hast du Antworten bekommen dazu? Folgendes dazu ist zu recherchieren, hat mich jetzt auch interessiert:
Beispielhaft zu den Meldebögen:
https://soziales.hessen.de/sites/default/files/media/hsm/arztmeldung_vorschlag_des_rki_15.06.2016_pdf.pdf
https://soziales.hessen.de/sites/default/files/media/hsm/meldeformular_labor_06-02-2017.pdf
Meldpflichtig ist neben dem Arzt vor allem auch das Labor - hier wird der Impfstatus nicht bei allen Infektionen abgefragt. Ich sehe es so, dass das bei FSME nicht abgefragt wird. Man könnte mal die Gründe dazu hinterfragen.
Zur Prognose
- Bei etwa >40% der FSME-Patienten sind längerfristige Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich
-Dabei ist die Prognose der meningitischen Verlaufsform am besten, sie heilt in der Regel folgenlos aus.
-Patienten mit einer Meningoenzephalitis leiden häufig unter mehrere Wochen
anhaltenden neurasthenischen Beschwerden (Kopfschmerzen, vermehrte Müdigkeit, verminderte Belastbarkeit, emotionale Labilität). Bei einem Teil der Patienten bestehen außerdem vorübergehend und zum Teil auch dauerhaft Störungen der Konzentrations- und Gedächtnisfunktion, der Koordination, der Sprache, des Hörens sowie Lähmungen.
-Insgesamt ist bei ca. 20% der Patienten mit Meningoenzephalitis mit einer Defektheilung zu rechnen
-Die Enzephalomyelitis hat die schlechteste Prognose. Von 57 Patienten, die über 10 Jahre nachbeobachtet wurden, erholten sich nur 20% vollständig, bei 50% bestanden dauerhafte Defizite, 30% starben an den Folgen der Erkrankung
Bei Patienten mit einer enzephalitischen oder myelitischen Verlaufsform der FSME ist drei Jahre nach der akuten Erkrankung nicht mehr mit einer wesentlichen Besserung von Symptomen zu rechnen.
Die Wirksamkeit zur Impfung muss der Hersteller erbringen.
Das Risiko eines Impfversagens nach einer kompletten Grundimmunisierung wird auf ca. 1:800 000 / Jahr geschätzt.
Das Risiko von neurologischen Impfkomplikationen beträgt nach Berechnungen basierend auf der Zahl der zwischen 2002 und 2009 verkauften Impfdosen (Herstellerangaben Baxter und Novartis) und der Zahl der in der gleichen Zeit vom Paul-Ehrlich-Institut begutachteten Verdachtsfälle (ein gesicherter und 66 wahrscheinliche Fälle, persönliche Mitteilung Frau Dr. Keller-Stanislawski) ca. 1,5 pro 1 000 000 Impfungen und liegt damit deutlich niedriger als bei der Tetanusimpfung (10 pro 1 000 000 Impfungen)
Nicht generell empfohlen wird eine aktive Immunisierung direkt nach einem Zeckenstich mangels klinischer, epidemiologischer und experimenteller Daten.
Desweiteren sind Literaturstellen zu finden bei
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-035l_S1_Fr%C3%BChsommer_Meningoenzephalitis_FSME_2016-06.pdf
Und ja, der Rummel darum ist ziemlich groß. Es ist ja auch ein einträgliches Geschäft, da die Impfereien in Risikogebieten von den Kassen auf alle Fälle getragen wird. Eine Evaluierung wäre da sicherlich interessant.
Grüße vom Urmel
RE: FSME - Zahlen, Daten, Fakten -
Markus - 23.04.2017
Ich habe Antwort bekommen, aber das nicht weiter verfolgt. Ist mir die Zeit nicht wert. Kann die Sachen mal reinstellen. Der Punkt ist, dass das Auftreten von IgG-Antikörpern nach Impfung gleichgesetzt wird mit Impfschutz. Einen Beleg dafür, dass das auch der Fall ist, gibt es meines Wissens nicht. Jeder Mensch mit Ak gegen z.B. Chlamydien kann genauso wieder an dieser Erkrankung erkranken. Wer entgegen dieser empirischen Feststellung behauptet IgG = Impfschutz, muss das belegen. Diese Forderung wäre demnach noch ans RKI zu stellen. Das haben aber schon andere gemacht und wohl auch keine zufriedenstellende Antwort bekommen.
Weiters weiß ich nicht, ob es doppelt verblindete, placebokontrollierte und randomisierte Studien gibt. Das wäre beispielsweise aus ethischer Sicht bei Grippeimpfungen durchaus machbar. Man kann sich da also nicht herausreden, das sei ethisch nicht zu rechtfertigen, wie man das bei der Chemo macht.
Für mich spielt die Thematik eh keine Rolle im Moment, da ich mich in meinem Zustand nicht impfen lassen werde, noch nicht mal Auffrischimpfungen gegen Tetanus.
RE: FSME - Zahlen, Daten, Fakten -
Markus - 23.04.2017
Es folgt die Antwort des RKI. Wie gesagt, die dort angegebenen Studien habe ich jetzt nicht gelesen und werde da von meiner Seite aus auch keine weitere Zeit investieren. Man müsste die statistischen Angaben ja selbst nachvollziehen, in dem man die Rohdaten zugrundelegt und schaut, ob da etwas mit den Daten gespielt wurde.
Zitat:Zu 1.: Ja, bei einem Großteil der gemeldeten FSME-Fälle werden auch Angaben zum Impfstatus übermittelt, siehe Infektionsepidemiologisches Jahrbuch (www.rki.de/jahrbuch).
Zu 2.: Die Wirksamkeit der FSME-Impfung wurde in Zulassungsstudien anhand von FSME-spezifischen Antikörperanstiegen erbracht, z.B.:
- Wittermann C, Izu A, Petri E, Gniel D, Fragapane E. Five year follow-up after primary vaccination against tick-borne encephalitis in children. Vaccine 2015;33:1824-9.
- Zent O, Banzhoff A, Hilbert AK, Meriste S, Sluzewski W, Wittermann C. Safety, immunogenicity and tolerability of a new pediatric tick-borne encephalitis (TBE) vaccine, free of protein-derived stabilizer. Vaccine 2003;21:3584-92.
Weiterführende Literatur wird insbesondere im ersten Artikel (Wittermann C et al.) zitiert.
Des Weiteren konnte auch die klinische Wirksamkeit in Feldstudien gezeigt werden, s. z.B.:
- Heinz FX, Holzmann H, Essl A, Kundi M. Field effectiveness of vaccination against tick-borne encephalitis. Vaccine 2007;25:7559-67.
- Heinz FX, Stiasny K, Holzmann H, Grgic-Vitek M, Kriz B, Essl A, Kundi M. Vaccination and Tick-borne Encephalitis, Central Europe. Emerg Infect Dis 2013;19:69-76.
Zu 3.: Die Routine-Surveillance kann eine Nachbeobachtung nicht gewährleisten, dazu sind aufwendige Studien notwendig. Die Meldedaten beinhalten aber auch klinische Angaben, Todesfälle werden ebenfalls erfasst (siehe o.g. Infektionsepidemiologisches Jahrbuch).
RE: FSME - Zahlen, Daten, Fakten -
urmel57 - 23.04.2017
Danke Markus fürs Einstellen.
Ich frage mich, wie der Impfstatus gemeldet wird, wenn der Impfstatus nicht abgefragt wird auf den Meldebögen.... .
Die Zahlen aus dem Jahrbuch 2015 zeigen dazu , dass Ärzte nicht melden sondern die Labore, da frage ich ich woher man den Impfstatus kennen möchte..... Wie die Einzelfallkontrolle allerdings ausschaut, geht aus den Zahlen nicht eindeutig hervor, das sind nur Allgemeinplätze, die da beschrieben werden.
Ansonsten finde ich es eine interessante Aufgabe mal als Patientenvertretung dort zu den Zahlen mal nachzufragen, insbesondere, da auch hier im Forum immer wieder mal von möglichen Impschäden berichtet wird, bzw. von Beschwerden nach Impfung in Folge eine frischen Zeckenstichs, die dann nicht mehr eindeutig zuzuordnen sind.
Eine andere Fragestellung an anderer Stelle wäre, warum die Leitlinie, die dazu erstellt wurde ohne Patientenbeteiligung gemacht wurde. Auch da werde ich mal nachfragen auch wenn es sich "nur" um eine S1-Leitlinie handelt. Das passiert leider immer noch viel zu oft, dass nach frischem Zeckenstich geimpft wird.
Liebe Grüße Urmel
RE: FSME - Zahlen, Daten, Fakten -
FreeNine - 23.04.2017
Hier mal der Meldebogen von Sachsen:
https://www.gesunde.sachsen.de/download/lua/LUA_HM_ArztMeldebogen_Formular.pdf
Meine Borreliosemeldung sah aber ganz anders aus. Es war nur ein Fax der Uni mit den Labordaten. Da gab es diesen Bogen wohl nicht dazu.
Welcher Arzt nimmt sich wohl die Zeit, solch einen Bogen gewissenhaft auszufüllen? Ob das bei allen Krankheiten so gewissenhaft ausgefüllt wird?
Da können die Zahlen doch nie stimmen?