12.01.2020, 00:03
Zitat:Der Rheumatologe wird meine Symptome zusätzlich auch gezielt bezüglich Borreliose abchecken. Bin mal gespannt, ob Rheumatologe und Spezi zum gleichen Ergebnis kommen.Wohl vermutlich eher nicht, insbesondere wenn der Rheumatologe nach geltender Lehrmeinung arbeitet und der Spezi nach Leitlinien der DBG und/oder ILADS.
Es gibt nach geltender Lehrmeinung nur wenige Symptome, die als typisch für eine akute Borreliose gelten. Die CH Infektiologen haben eine entsprechende Tabelle in ihren Leitlinien:
https://www.sginf.ch/files/epidemiologie...nostik.pdf
ab Seite 2334
Auf der Tabelle fehlen die mittlerweile anerkannten Symptome bei Befall der Augen.
Spezis, die nach Leitlinien DBG/ILADS arbeiten, haben andere Listen. Hier ein Beispiel, wo ein Haufen unspezifischer Symptome dabei sind:
https://www.arminlabs.com/content/forms/...abs.de.pdf
Wer positive Tests hat, jedoch keine deutliche Symptome nach geltender Lehrmeinung, darf nach geltender Lehrmeinung keine Borreliose haben. An einer Ärztefortbildung vor ein paar Jahren wurde von Tests abgeraten, wenn der Patient keine entsprechenden Symptome vorweisen kann. Unsere Spezis sehen das ganz anders. Wer recht hat und wer nicht, kann nicht beantwortet werden.
Symptome können beweisend, typisch und/oder unspezifisch sein. Beweisend sind Wanderröte und ACA, wenn sie typisch aussehen. Welche Symptome typisch und welche unspezifisch sind, ist Gegenstand des Expertenstreits. Grundsätzlich kann hinter jedem Symptom eine andere Krankheit stecken (unspezifisch). Da nach wie vor geeignete Diagnostika fehlen, die aktive von früher durchgemachten Infektionen unterscheiden können, geschweige denn Tests für allfällige Autoimmunreaktionen, strukturelle Schäden und/oder weiteres Unbekanntes fehlene, ist die Diagnose in den meisten Fällen ein Puzzle aus Vorgeschichte, Verlauf, Symptomen, Ausschluss anderer Krankheiten und Tests. Am Schluss resultiert eine mehr oder weniger grosse Wahrscheinlichkeit für oder gegen eine aktive Borreliose. Die Diagnose ist also mehr eine Glaubensfrage als ein Ding von belastbaren Fakten. Daran ändern auch alternative Diagnostika wie LTT und Co. nichts, da sie oft nicht validiert sind und deshalb von geltender Lehrmeinung nicht anerkannt sind. Die Serologien können zwar auch nichts, aber da sie anerkannt sind, lässt sich damit eine Menge Kohle machen. Bei sichtbaren Symptomen kann die Borrelien-PCR und/oder Kultur eine diagnostische Chance sein. Ich meine mit der PCR nicht den qPCR, wie von Amandin beschrieben, denn der ist ziemlich sicher noch alles andere als validiert.
Als Patient kann ich nur mit Hilfe von Google, Vorgeschichte, Verlauf, Krankenakte (welche Krankheiten wurden mit welchen Diagnostika mit welcher Aussagekraft ziemlich sicher ausgeschlossen), Körpergefühl, dem Abschätzen von Kosten-Nutzen-Risiko und einem allfälligen Ansprechen auf AB eine Entscheidung für oder gegen einen (wiederholten) Therapieversuch treffen.
Das ist die aktuelle Lage zum Diagnosefiasko, woran sich in den nächsten Jahren nichts ändern wird, wenn nicht endlich mit Nachdruck an geeigneten Diagnostika geforscht wird. Aber auch wenn die vorhanden sind, wird es vermutlich noch nicht zu Ende sein, weil ich vermute, dass es Leute gibt, deren Immunsystem Borrelien erfolgreich in Schach halten können, sprich eine aktive Borreliose ohne Symptome haben. Da müsste man dann erstmal rausfinden, warum die einen erkranken und die anderen nicht. Aber davon sind wir noch so weit entfernt, dass ich es wohl nicht mehr erleben werde.

LG, Regi
Je mehr ich über die Borreliose weiss, desto mehr weiss ich, dass man fast gar nichts weiss.
Nichts auf der Welt ist gefährlicher als aufrichtige Ignoranz und gewissenhafte Dummheit. (Martin Luther King)
Absenz von Evidenz bedeutet nicht Evidenz für Absenz