Zitat:Reichen die paar positiven Bänder(Westenblot) aus, um als Gesamtergebnis eine Borreliose Infektion zu bestätigen?Die Laborergebnisse müssen immer zusammen mit den Symptomen interpretiert werden, da die Serologien nicht zwischen aktiver und früher durchgemachter Infektion unterscheiden können. Geltende Lehrmeinung hat einen ziemlich eng gefassten Symptomkatalog. Deine geschilderten Symptome gehören nicht dazu. Sogenannte Borreliosespezis würden das anders sehen. Es gibt keinen Test auf der Welt, der aktive von früher durchgemachten Borreliosen unterscheiden kann. Wer etwas anderes erzählt, der lügt oder weiss es nicht besser. Dein IgM-Titer ist hoch, der IgG Titer eher niedrig. Theoretisch würde das bedeuten, dass gerade der Switch von IgM (frühe Antikörper) auf IgG (späte AK) stattfindet, was theoretisch bedeuten würde, dass der Infektionszeitpunkt schon eine Weile her ist, aber noch nicht Jahre. Aber das ist theoretisch, denn ich habe schon die fragwürdigsten Befunde gesehen, wenn man es zusammen mit der Dauer der Erkrankung anschaut. Die VlsE Bande ist hochspezifisch und bestätigt den Kontakt des Immunsystems mit Borrelien, sagt aber meines Wissens nichts über die Dauer der Erkrankung aus. Die p41 ist unspezifisch, kann auch bei anderen Krankheiten gefunden werden wie z.B. Syphilis, EBV etc.. OspC im IgM ist eine Frühphasen-Bande. Bei mir war die aber im Spätstadium auch positiv. Der WB sagt also bei dir nichts über die Krankheitsdauer aus, bestätigt aber das positive Ergebnis des ersten Suchtests. Hier noch ein paar allgemeine Infos zur Interpretation von Laborbefunden:
https://forum.onlyme-aktion.org/showthread.php?tid=8747
Leider funzt der Link zum Laborlexikon nicht mehr. Ich muss mal schauen, ob es einen schlauen Ersatz dafür gibt.
Zitat:Zu welchem Typ Arzt sollte man gehen, um gut beraten zu werden - Hausarzt ausreichend? Infektologe?Das ist die Knacknuss für die Betroffenen. Kommt darauf an, was du willst und wie fit du in der Materie bist. Aufgrund der miesen Diagnostika bleibt einem schlussendlich nach Ausschluss anderer möglicher Krankheiten nur ein Therapieversuch. Entscheidest du dich für einen Therapieversuch, kannst du versuchen, deinen Hausarzt davon zu überzeugen. Dabei ist es nach meiner Erfahrung besser, nicht die Diagnose einzufordern sondern eben einen Therapieversuch mit Hinweis auf die miese Diagnostik und den bereits erfolgten Ausschluss anderer möglicher Krankheiten. Infektiologe würde ich jetzt nicht unbedingt empfehlen, denn die arbeiten in der Regel streng nach geltender Lehrmeinung. Somit würde die Diagnose wegen fehlender typischer Symptome gemäss geltender Lehrmeinung ausgeschlossen. Keine Diagnose - keine Therapie. Die Therapie würde ich nach Leitlinien der DBG und/oder ILADS dosieren wollen, nicht nach geltender Lehrmeinung, weil du sonst nicht weisst, ob eine höhere, ggf. gewichtsadaptierte Dosierung etwas nützen würde. Und dann gibt es noch die Borreliose-Spezis. Da hat es welche darunter, die die Borreliose als Goldgrube entdeckt haben und welche, die sich tagtäglich für ihre Patienten aufopfern. Einen Borreliose-Spezi würde ich nur auf persönliche Empfehlung aufsuchen, nachdem ich mir im Klaren bin, was ich will (weitere nutzlose Diagnostik? Therapieversuch mit AB? Therapieversuch mit alternativer Medizin? Kombinierter Therapieversuch AB und alternativ?). Dann bei der persönlichen Empfehlung nachfragen, welche Schiene der "Spezi" fährt.
Zitat:Wie kann man das Thema Borreliose beim Arzt ansprechen, ohne gleich Schief angeschaut zu werden?Gute Frage. Da gibts keine Antworten. Nach meiner Erfahrung sind in ihrer Meinung festgefahrene Ärzte am besten zu verunsichern, wenn man auf den vielen Unsicherheiten rumreitet, wie miese Diagnostika, Forschungslage und Fachkontroverse. Dazu muss man dann aber einigermassen fit in der Materie sein. Eine Zumutung für den Patienten, ich weiss. Aber ich kann es nicht ändern.
Zitat:Sollte ich auf eine Antibiotikatherapie "drängen" oder ist es Antibiotika wirklich so nutzlos nach "ausgestandener Erkrankung" wie manche sagen?Das kann meiner Meinung nur ein Therapieversuch ansatzweise klären. Die Borreliose verläuft bei jedem anders. Ich würde sagen, in späteren Stadien sind auch autoimmune Vorgänge oder "Strukturschäden" möglich. Vielleicht im Zusammenspiel mit noch aktiven Borrelien. Das kann wissenschaftlich nicht beantwortet werden.
LG, Regi
PS. Hut ab, du hast dich vorab schon gut informiert. Das Wissen um die kontroverse Diskussion ist für den Patienten in der Arztpraxis enorm wichtig.
Je mehr ich über die Borreliose weiss, desto mehr weiss ich, dass man fast gar nichts weiss.
Nichts auf der Welt ist gefährlicher als aufrichtige Ignoranz und gewissenhafte Dummheit. (Martin Luther King)
Absenz von Evidenz bedeutet nicht Evidenz für Absenz