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Borreliose-Behandlungsmisere - Fachkräftemangel? - Motivation
#42

Danke für den Link...
Etwas traurig, dass das ganze so undifferenziert wieder gegeben wird und teils auch falsch oder zumindest unpräzise formuliert wird in dem Beitrag...

Ich mach mir mal den Spaß und gehe das durch:
Zitat:Doch da sind sie wieder: das „Post-Borreliose-Syndrom“ und die „chronische Lyme-Borreliose“. [...]
Aber das sind Komplikationen einer lang andauernden Lyme-Borrelieninfektion, die zu spät erkannt und behandelt wurden. Dann spricht man allerdings von postinfektiösen Beschwerden oder Residuen der behandelten Akuterkrankung.
Der wissenschaftliche Konsens spricht vom Post-TREATMENT-Lyme-Disease-Syndrome. Nach der Behandlung. Nicht zwangsweise nach der Borreliose, da unklar ist, woher die Beschwerden kommen. Ist es bei bleibenden Residuen eigentlich immer noch Post-Lyme oder zählen nur lebende Borrelien (ggf. ein Fall für die borrelianische Antidiskriminierungsstelle Biggrin )?
Ob diese von einer akuten Infektion oder Residuen kommen, ist dem Patienten zunächst egal. Hier klingt das dann doch ziemlich nach Bagatellisierung... Da es keine evidenzbasierte Behandlung gibt, die Beschwerden gerne bagatellisiert werden und kein Arzt sich für die Patientengruppe zuständig fühlt, ist es nicht verwunderlich, dass nicht wenige derer, die nicht mit der Standardantibiose geheilt werden, früher oder später in eine "Spezialpraxis" gelangen.

Zitat:Eine spezielle Antikörperbestimmung sicherte die Diagnose „chronische aktive Borreliose“. Und eine Antibiotikakombination über anderthalb Monate sollte kurieren. Für beide dieser Ansätze gibt es allerdings keinerlei Evidenz.
Eine Antikörperbestimmung ist der Standardtest, was ist denn "speziell" und wieso gibt es keinerlei Evidenz? Dass die unterschiedlichen Testkits bei gleicher Blutprobe zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können, ist dagegen wissenschaftlich nicht unbekannt: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21271270/
Richtig ist, dass es keine Evidenz für eine Antibiotikakombinationstherapie gibt, wobei 6 Wochen auch "nur" 2 Wochen über den für das Spätstadium empfohlenen 4 Wochen liegt.

Zitat:Dann folgten zahlreiche weitere Ratschläge, von Saunabesuchen bis hin zu Ernährungshinweisen. Aber die sind schließlich auch nie verkehrt.
Ja, leider wird das bei nicht wenigen Ärzten vernachlässigt. Bei Borreliose fraglich, für die Prävention einiger Zivilisationserkrankungen ganz sinnvoll... zumindest wenn die Ernährungshinweise was taugen.

Zitat:Bei wenigen Erkrankungen gibt es ein so ausgereiftes Netz der Alternativmedizin wie bei Borreliose. Unzählige Arztpraxen, Laienforen und Selbsthilfegruppen fühlen sich berufen, sich damit zu beschäftigen.[...] Ich hatte nur gehofft, dass mit der Coronapandemie mehr Verständnis für das keineswegs neue Phänomen der postinfektiösen Syndrome aufkommt. Doch die chronische Lyme-Borreliose ist unverändert Thema.

Das dürfte daran liegen, dass trotz der Bekanntheit keine evidenzbasierte Therapie zur Verfügung steht und teilweise auch heute noch die Existenz postinfektiöser Syndrome von einigen Ärztegruppen bestritten wird.

Es ist aber zutreffend, dass ein immer größerer Markt für sehr fragwürdige privat zu bezahlende Therapien oder Informationen existiert. Sehr viele Aussagen und Empfehlungen sind fragwürdig, hier im Forum hingegen versuchen wir, meiner Ansicht nach, deutlich mehr zu differenzieren, als es an anderen Stellen im Internet der Fall ist. Dass bei nicht wenigen Anbietern einiges sehr fragwürdig läuft und auch auf Gewinnmaximierung abzuzielen scheint, muss man als reflektierter Betroffener auch anerkennen. 

Bei den alternativen Behandlungsmethoden der sogenannten Spezialisten ist sehr, sehr viel heiße Luft drinnen. Die Erfolgsquoten sind kaum einzuschätzen, was auch an der sehr heterogenen Patientengruppe liegt.
Einige haben eine aktive Borreliose, die noch nie behandelt wurde, einige eine fraglich aktive Borreliose, die bereits behandelt wurde und andere haben vermutlich gar keine Borreliose. 
Gemeinsam hat die Patientengruppe eines: Sie fallen aus dem Raster der normalen ärztlichen Routinen.

Anstatt "Victim-Blaming" zu betreiben, wäre es vielleicht sinnvoller, den, teilweise durchaus fragwürdigen Behandlungspraktiken, einfach den Nährboden zu entziehen, in dem man Angebote schafft, die der Komplexität der Patientenbiographien gerecht wird. Leider sehe ich diese nicht. Da wäre dann doch bei aller Schelte auf die "Alternativmedizin" auch etwas Selbstreflektion und Selbstkritik angesagt. Wenn man nach langjährigen Beschwerden im Arztgespräch nicht mal seine Patientengeschichte schildern kann, ohne dass die ärztliche Behandlungszeit rum ist, kann man es Patienten kaum verdenken, dass sie sich nicht mit einem "Basta" abfertigen lassen. Das Wissen um die Borreliose ist bei nicht wenigen Medizinern auch nicht so ausgeprägt, wie man es sich wünschen würde, die Serologie kryptisch (und es gibt keinen Test, der zwischen aktiver und ausgeheilt unterscheiden kann... macht ja nichts... ist ja alles nicht so wild) und die Ärzte aufgrund des Fachkräftemangels zunehmend überfordert.

Was den allermeisten Patienten bleibt, ist nicht der Glaube an die Last einer schweren Erkrankung, sondern das Streben nach Lebensqualität und ein Leben ohne Schmerzen und ohne berechtigte existenzielle Sorgen (noch trauriger ist, dass inzwischen nahezu alle Spezialisten nur noch privatärztlich tätig sind, dies war vor 10 Jahren noch anders).

Wenn ich meine jüngsten ärztlichen Erfahrungen Revue passieren lasse, ist mein subjektiver Eindruck, dass die Patientenversorgung immer schlechter wird. Die Qualität der Diagnosen und die ärztliche Sorgfalt nehmen immer mehr ab. Die hausärztliche Bereitschaft, sich mit Erkrankungen der Patienten auseinanderzusetzen (und nein, ich meine nicht Borreliose) sehe ich bei mir gar nicht mehr gegeben... Wenn ich ehrlich bin, bin ich teils schon froh, wenn der ein oder andere junge (Fach-)Arzt, den ich in den letzten Jahren erlebt habe, sich nicht die Bügel seines Stethoskops in die Nase schiebt (zugegeben: Das war jetzt sehr unfair und polemisierend, es gibt auch einige sehr gute Gegenbeispiele).

Ein jüngstes Fallbeispiel einer späten Neuroborreliose aus der Schweiz, aus dem Abstract:
Zitat:Der Patient litt mehr als 1,5 Jahre lang unter Symptomen, bevor die Diagnose durch die Untersuchung von Liquorproben und eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Wirbelsäule gestellt wurde. [...] Die lange Verzögerung bis zur Diagnose und schließlich bis zum Beginn der Antibiotikabehandlung wurde wahrscheinlich durch die anfängliche Zuordnung der Symptome zu psychosomatischen Ursachen beeinflusst.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40330918/

PS: Es gibt einen Youtube-Kanal von einem Arzt mit gleichem Nachnamen, der u.a. auch schon etwas zur vermeintlichen Babesiose gepostet hat, ggf. besteht hier ja eine Verbindung: https://www.youtube.com/watch?v=9-Dq2PGcnKU
PPS: Entschuldigt den langen Beitrag.

The elm, the ash and the linden tree
The dark and deep, enchanted sea
The trembling moon and the stars unfurled
There she goes, my beautiful world
Zitieren
Thanks given by: micci , urmel57 , FreeNine


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Borreliose-Behandlungsmisere - Fachkräftemangel? - Motivation - von FreeNine - 01.02.2023, 19:30
RE: Fachkräftemangel oder Motivation - zur Borreliose-Misere - von Regi - 01.02.2023, 23:56
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